Ein Spin-Off der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
27. Jahrgang (2024) - Ausgabe 10 (Oktober) - ISSN 1619-2389
 

Risikomanagement im Finanzbereich

Rezension von Hans-Jürgen Wieben

Als Reaktion auf eine Reihe von Schadensfällen durch Finanztransaktionen und durch den Einsatz derivativer Finanzinstrumente hat der Gesetzgeber das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) verabschiedet. Unternehmen werden danach verpflichtet, ein Risikomanagement- und Überwachungssystem einzurichten, um bestandsgefährdende Risiken frühzeitig zu erkennen und zu bewältigen. Paul Scharpf stellt vor diesem Hintergrund in seinem Buch den Ablauf eines systematischen Risikomanagement- und Überwachungsprozesses im Treasury von Unternehmen vor. Er zeigt auf, welche Maßnahmen zu treffen sind, um Liquiditäts-, Kredit-, Marktpreis-, Rechts- und Organisationsrisiken festzustellen, zu analysieren und zu quantifizieren. Außerdem stellt er dar, wie diese Risiken zu steuern und zu bewältigen sind.

Das Buch besteht aus acht Kapiteln, die um einen Anhang ergänzt werden. Dieser beinhaltet ein umfangreiches Glossar, einen Abdruck der Verlautbarung über Mindestanforderungen an das Betreiben von Handelsgeschäften der Kreditinstitute, ein Literaturverzeichnis mit annähernd 80 Quellen und ein Stichwortverzeichnis.

In den Einführungskapiteln eins bis sechs (Seite 1 bis 10) stellt Scharpf kurz und übersichtlich die gesetzlichen Vorgaben des KonTraG für das Risikomanagement und dessen Auswirkungen auf die Pflichten der Vorstandsmitglieder und des Abschlußprüfers dar.

Hauptteil des Buches ist Kapitel sieben (Seite 11 bis 112), in dem der Autor ein Risikomanagement- und Überwachungssystem für den Finanzbereich von Unternehmen vorstellt. Nach einer kurzen Erläuterung des Risikobegriffs und der Stellung des Treasury im Unternehmen systematisiert Scharpf zunächst den Risikomanagementprozeß. Er verwendet dazu die heute in der Literatur übliche Prozeßeinteilung. Phasen des Risikomanagements sind demnach:

  • Festlegung der Risikomanagementziele und Risikomanagementstrategie,
  • Risikoidentifikation und Risikoanalyse,
  • Risikobewertung und Risikoquantifizierung,
  • Risikobewältigung und Risikosteuerung,
  • Überwachung des Risikomanagements.

Anhand dieser Systematik unterzieht der Autor die im Treasury relevanten Liquiditäts-, Adressenausfalls-, Marktpreis-, Rechts- und Organisations- sowie Betriebsrisiken einer näheren Analyse. Risiken, die sich aus den im Finanzbereich verwalteten Unternehmensbeteiligungen ergeben können, behandelt Scharpf dagegen bewußt nicht.

  • Im Kapitel 7.5.1 (Seite 23 bis 27) beginnt der Autor zunächst mit der Darstellung der Risikomanagementziele bzw. Risikomanagementstrategien für die einzelnen Risikobereiche. Schwerpunkte sind dabei das Liquiditätsrisiko, dem Scharpf oberste Priorität zuordnet, da der Bestand des Unternehmens gewährleistet werden soll, sowie das Marktpreisrisiko. Zur Absicherung des Marktpreisrisikos stellt der Autor verschiedene Strategien vor, die kurz beschrieben werden.
  • Im Anschluß daran stellt Scharpf im Kapitel 7.5.2 (Seite 27 bis 35) Instrumente der Risikoidentifikation und Risikoanalyse im Bereich des Treasury vor. Für das Liquiditätsrisiko sollte seiner Meinung nach ein umfassender Finanzplan erstellt werden, der Refinanzierungsmöglichkeiten im Sinne von Kreditlinien berücksichtigt. Das Adressenausfallrisiko kann anhand einer Analyse der Bilanzen bzw. anhand externer Ratings der Geschäftspartner ermittelt werden. Zur Risikoanalyse der Marktpreisrisiken durch Zinsänderungen, Währungsverluste oder Finanzinstrumente schlägt der Autor Zinsbindungsbilanzen, Fristenbilanzen, Fremdwährungsbilanzen und Produkt-Risiko-Matrizen vor. Eine Beobachtung der Risikoparameter sollte durch Gremien erfolgen, deren Mitglieder aus unterschiedlichen Bereichen des Unternehmens stammen. Besondere Aufmerksamkeit sollte dabei nach Meinung des Autors festzulegenden Schwerpunktrisiken zukommen, zu denen zumindest die bestandsgefährdenden Risiken zu zählen haben. Sie sind näher zu analysieren, zu quantifizieren und gegebenenfalls zu steuern und zu begrenzen.
  • Im Kapitel 7.5.3 (Seite 35 bis 53) widmet sich der Autor der Bewertung und Messung der Risiken, die zuvor identifiziert worden sind. Ein effizientes Risikomanagement von Marktpreisrisiken erfordert dabei seiner Meinung nach eine regelmäßige, zumindest wöchentliche Neubewertung aller Finanzgeschäfte mit aktuellen Marktpreisen. Die Bewertung kann grundsätzlich mit Szenarioanalysen, Streßsimulationen oder Sensitivitätsanalysen durchgeführt werden. Der Autor stellt für die einzelnen Analysen eine Reihe von Instrumenten - wie beispielsweise die Value at Risk-Berechnung oder die Worst Case-Betrachtung - mit deren Zielsetzungen und Interpretationsmöglichkeiten sowie vielen Hinweisen für die praktische Nutzung vor, ohne allerdings auf die mathematische Berechnung im einzelnen einzugehen. Außerdem geht Scharpf in diesem Unterkapitel auf Möglichkeiten zur Quantifizierung der Adressenausfallrisiken von Kreditderivaten und Kundenkrediten ein.
  • Sehr ausführlich stellt der Autor dann im Kapitel 7.5.4 (Seite 54 bis 106) Maßnahmen zur Risikosteuerung und Risikobewältigung im Treasury dar. Zunächst schlägt er hierfür die Einführung eines unternehmensweiten Risikolimitsystems vor. Die Einhaltung der Risikolimits wird dabei von einer unabhängigen Stelle in der Unternehmung überwacht. Das Liquiditätsrisiko - unterteilt in das allgemeine Finanzierungsrisiko und das Risiko unzureichender Marktliquidität - ist Gegenstand des folgenden Abschnitts. Zur Steuerung des Liquiditätsrisikos sollte laut Scharpf eine präzise Finanzplanung erfolgen, deren Grundsätze und Instrumente er vorstellt. Im Anschluß daran wird das Adressenausfallrisiko betrachtet, das durch Kontrahentenlimits, Länderlimits, Sicherheiten, Netting-Vereinbarungen, Diversifikation des Portfolios und den Einsatz von Kreditderivaten verringert werden kann. Es folgt eine ausführliche Betrachtung des Marktpreisrisikos, wobei insbesondere die Steuerung über Finanzinstrumente detailliert und anschaulich dargestellt wird. Der Autor erläutert eine Reihe von Instrumenten zur Verringerung von Risiken mit ihren Zielsetzungen, Einsatzmöglichkeiten, Wirkungen und Risiken. Beispielhaft seien an dieser Stelle das Hedging mittels Optionen, Swaps oder Swaptions genannt. Schließlich wird noch das Organisations- und Betriebsrisiko einer genauen Analyse unterzogen. Der Autor gibt hier sehr gute Hinweise zur risikominimierenden Organisation des Treasury, der der Grundsatz der Funktionstrennung zugrundeliegt. Er geht dabei auch auf die Risiken ein, die aus dem Einsatz der EDV entstehen können.
  • Im Kapitel 7.5.5 (Seite 107 bis 112) stellt Scharpf abschließend die Bestandteile eines Überwachungssystems vor, mit dessen Hilfe der Risikomanagementprozeß kontrolliert wird. Dies ist nach Meinung des Autors hauptsächlich Aufgabe der Internen Revision. Sie hat den Finanzbereich und das Risikomanagement kritisch zu prüfen, während dem Controlling im wesentlichen die Aufgabe des Reporting der Risiken an die Geschäftsführung zukommt.

Insgesamt läßt sich festhalten, daß das Buch von Scharpf den Erwartungen, die der Titel weckt, voll gerecht wird. Der Autor, ausgewiesener Experte für das Risikomanagement im Finanzbereich, systematisiert den Prozeß des Risikomanagements und der Überwachung im Treasury in anschaulicher Weise. Das Buch ist dabei klar strukturiert und gut lesbar - sofern der Leser mit den zahlreichen Fachbegriffen des Treasury vertraut ist. Ist dieses nicht der Fall, so erweist sich das umfangreiche Glossar als sehr hilfreich, auch wenn es letztlich nicht bei allen Verständnisfragen weiterhelfen kann. Trotzdem sei das Buch allen Interessierten, die sich mit dem Risikomanagement im Finanzbereich beschäftigen, ausdrücklich empfohlen. Sie werden viele nützliche Hinweise und Anregungen für den Aufbau oder die Verbesserung eines Risikomanagementsystems im Treasury vorfinden.

SCHITAG Ernst & Young (Hrsg.),
Risikomanagement- und
Überwachungssysteme im Treasury:
Darstellung der Anforderungen nach KonTraG,
Verlag Schäffer-Poeschel, Stuttgart, 1998,
157 Seiten, EUR 39.95,
ISBN 3-7910-1425-0

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Erstveröffentlichung im Krisennavigator (ISSN 1619-2389):
3. Jahrgang (2000), Ausgabe 6 (Juni)


Vervielfältigung und Verbreitung - auch auszugsweise - nur mit ausdrücklicher
schriftlicher Genehmigung des Krisennavigator - Institut für Krisenforschung, Kiel.
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Als Reaktion auf eine Reihe von Schadensfällen durch Finanztransaktionen und durch den Einsatz derivativer Finanzinstrumente hat der Gesetzgeber das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) verabschiedet. Unternehmen werden danach verpflichtet, ein Risikomanagement- und Überwachungssystem einzurichten, um bestandsgefährdende Risiken frühzeitig zu erkennen und zu bewältigen. Paul Scharpf stellt vor diesem Hintergrund in seinem Buch den Ablauf eines systematischen Risikomanagement- und Überwachungsprozesses im Treasury von Unternehmen vor. Er zeigt auf, welche Maßnahmen zu treffen sind, um Liquiditäts-, Kredit-, Marktpreis-, Rechts- und Organisationsrisiken festzustellen, zu analysieren und zu quantifizieren. Außerdem stellt er dar, wie diese Risiken zu steuern und zu bewältigen sind.

Das Buch besteht aus acht Kapiteln, die um einen Anhang ergänzt werden. Dieser beinhaltet ein umfangreiches Glossar, einen Abdruck der Verlautbarung über Mindestanforderungen an das Betreiben von Handelsgeschäften der Kreditinstitute, ein Literaturverzeichnis mit annähernd 80 Quellen und ein Stichwortverzeichnis.

In den Einführungskapiteln eins bis sechs (Seite 1 bis 10) stellt Scharpf kurz und übersichtlich die gesetzlichen Vorgaben des KonTraG für das Risikomanagement und dessen Auswirkungen auf die Pflichten der Vorstandsmitglieder und des Abschlußprüfers dar.

Hauptteil des Buches ist Kapitel sieben (Seite 11 bis 112), in dem der Autor ein Risikomanagement- und Überwachungssystem für den Finanzbereich von Unternehmen vorstellt. Nach einer kurzen Erläuterung des Risikobegriffs und der Stellung des Treasury im Unternehmen systematisiert Scharpf zunächst den Risikomanagementprozeß. Er verwendet dazu die heute in der Literatur übliche Prozeßeinteilung. Phasen des Risikomanagements sind demnach:

Anhand dieser Systematik unterzieht der Autor die im Treasury relevanten Liquiditäts-, Adressenausfalls-, Marktpreis-, Rechts- und Organisations- sowie Betriebsrisiken einer näheren Analyse. Risiken, die sich aus den im Finanzbereich verwalteten Unternehmensbeteiligungen ergeben können, behandelt Scharpf dagegen bewußt nicht.

Insgesamt läßt sich festhalten, daß das Buch von Scharpf den Erwartungen, die der Titel weckt, voll gerecht wird. Der Autor, ausgewiesener Experte für das Risikomanagement im Finanzbereich, systematisiert den Prozeß des Risikomanagements und der Überwachung im Treasury in anschaulicher Weise. Das Buch ist dabei klar strukturiert und gut lesbar - sofern der Leser mit den zahlreichen Fachbegriffen des Treasury vertraut ist. Ist dieses nicht der Fall, so erweist sich das umfangreiche Glossar als sehr hilfreich, auch wenn es letztlich nicht bei allen Verständnisfragen weiterhelfen kann. Trotzdem sei das Buch allen Interessierten, die sich mit dem Risikomanagement im Finanzbereich beschäftigen, ausdrücklich empfohlen. Sie werden viele nützliche Hinweise und Anregungen für den Aufbau oder die Verbesserung eines Risikomanagementsystems im Treasury vorfinden.

SCHITAG Ernst & Young (Hrsg.),
Risikomanagement- und
Überwachungssysteme im Treasury:
Darstellung der Anforderungen nach KonTraG,
Verlag Schäffer-Poeschel, Stuttgart, 1998,
157 Seiten, EUR 39.95,
ISBN 3-7910-1425-0

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3. Jahrgang (2000), Ausgabe 6 (Juni)

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